Rede im Plenum: „Fortbestand des Instituts für Pharmazie an der Universität Mainz – pharmazeutische Versorgung im Land für die Zukunft sichern“

Aktuelle Debatte „Fortbestand des Instituts für Pharmazie an der Universität Mainz – pharmazeutische Versorgung im Land für die Zukunft sichern“ – Plenum am 27.08.2020. Hierzu hielt Marion Schneid folgende Rede:

Rede-Wortlaut:

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, seit Jahren thematisieren wir den drohenden Ärztemangel, wir thematisieren, dass die Bedingungen der Medizinstudierenden an der Uni Mainz immer schlechter werden, wir thematisieren, dass wir eine bessere Ausstattung der Labore und Institute brauchen. Wir thematisieren, dass wir generell mehr Medizinstudienplätze brauchen. Trotz geringfügiger Erhöhung der Anzahl ist es nach wie vor nicht wegzudiskutieren, dass wir viel mehr
Medizinstudierende brauchen, um die Ärzteversorgung schon in der nahen Zukunft sicherstellen zu können.

Eng damit verbunden, und das ist ein weiterer Bereich, der jetzt in der Öffentlichkeit aufschlägt, ist die Situation der Pharmaziestudierenden. Der Brandbrief der Landesapothekenkammer macht deutlich: das Pharmazieinstitut der Uni, übrigens das einzige in RLP, ist marode. Ich zitiere aus dem Brief: „das Gebäude ist PCB-verseucht, die Labore sind veraltet, die Sicherheit der Studenten und Mitarbeiter des Instituts ist nicht mehr gewährleistet.“ Das sind unhaltbare Zustände! Und dies steht nicht etwa im
Zusammenhang mit Corona, nein, das ist ganz normaler Studienalltag! Daneben steht zusätzlich auch mittlerweile die Sorge um einen drohenden Pharmazeutenmangel im Raum.

Ich frage mich: Muss denn immer alles erst richtig hochkochen, damit das Ministerium sich der Probleme annimmt?

Es ist anscheinend „Programm“ dieser Landesregierung, seit Jahren alles, was den Hochschulbereich betrifft, auf Sparflamme zu kochen und damit die Bedingungen für Studierende und Lehrende immer weiter zu verschlechtern!

Man rettet sich über die Bundesmittel aus dem Hochschulpakt bzw. dann aus dem folgenden Zukunftsvertrag. Landeseigene Anstrengungen und Finanzierungszuweisungen muss man lange suchen!

Die rheinland-pfälzische Hochschullandschaft ist seit langem unterfinanziert. Die Landesregierung bzw. der Landesbetrieb Bauen schiebt zudem einen gigantischen Sanierungsstau vor sich her. Wir fordern, endlich das notwendige Geld ins Hochschulsystem zu geben, und wir fordern, die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Universitäten und Hochschulen mittels Bauherrenmodellen schnell und pragmatisch Sanierungsmaßnahmen und Neubauten selbst abwickeln können. Das hat schon einmal bei der Biologie an der
Johannes-Gutenberg-Universität hervorragend geklappt, aber es bedarf der Bereitstellung der Ressourcen!

Pharmazie ist kein absterbender Ast! Wir brauchen Apotheker und Apothekerinnen, sie sind für viele Menschen wichtige Beratungs- und Vertrauenspersonen. Es geht um qualifizierte Medikamenten- und Gesundheitsberatung. Darüber hinaus brauchen wir Pharmazeuten und Pharmazeutinnen in der Forschung. Pharmazie ist ein ganz entscheidender Teil unserer existenziellen Gesundheitsversorgung. In den nächsten 10 Jahren werden rund 1.900approbierte Pharmazeutinnen und Pharmazeuten benötigt. Das bedeutet, wir brauchen 190 Absolventen pro Jahr. De facto liegen wir bei ca. 56 pro Jahr. Das ist weniger als ein Drittel der real benötigten Pharmazieabsolventen!

Der Aufschlag der Landesapothekenkammer zeigt deutlich: Es braucht für das Pharmazieinstitut dringend pragmatische Sofortmaßnahmen, eine zügige Planung eines Neubaus und eine Aufstockung der Anzahl der Studienplätze.

Die Kampagne hat Ministerin Bätzing-Lichtenthäler ja schon mal gesetzt: #unverzichtbar – sichere Perspektiven für junge Apotheker. – ja, aber wann folgen den Worten auch Taten?

Schaffen Sie die Voraussetzungen dafür, dass junge Menschen in RLP überhaupt Apotheker werden können!

Und das ist genau der Punkt: es wird doch extrem deutlich, wie prekär die Situation der rheinland-pfälzischen Hochschullandschaft sich insgesamt darstellt und wie wenig das Land dagegen unternimmt. Diese dauerhafte Unterfinanzierung wird an allen Stellen sichtbar – der reflexartige Verweis auf die Bundesmittel kann darüber nicht hinwegtäuschen.

Unsere Universitäten und Hochschulen sind dauerhaft unterfinanziert und die Defizite haben sich über die Jahre hinweg aufsummiert – die prekäre Lage verschärft sich von Jahr zu Jahr!

Nehmen Sie endlich Geld in die Hand, um neue Studienplätze zu schaffen, um Betreuungsrelationen zu verbessern, um Labore sicher und modern auszustatten, um den Studierenden eine adäquate, zukunftsbeständige Ausbildung zu ermöglichen! Das ist doch ein ganz wesentlicher Aspekt: wir müssen unsere Studierenden doch so ausbilden, dass sie nach dem Studium mit den modernsten Techniken in der Gesundheitsversorgung auch umgehen können. Es geht um unsere Gesundheit, es geht um die medizinische Versorgung, es geht um die Versorgung mit Arzneimittel. Wir sehen doch jetzt aktuell, wie wichtig Medikamente und Impfstoffe sind. Nehmen wir alle Aspekte in den Fokus, wird schnell klar: es braucht einfach mehr Geld im Hochschulsystem! Diese Mangelverwaltung ist eine von Corona völlig unabhängige, hausgemachte Situation, die wir endlich anpacken müssen und wofür wir endlich eine bessere Finanzierung brauchen.

Es ist schlimm, dass es solcher Brandbriefe von Kammern und Betroffenen bedarf. Und es ist riskant, die schlechten Studienbedingungen weiterhin zu akzeptieren, denn wir werden dadurch über kurz oder lang Studierende an andere Bundesländer verlieren! Die Ärzte- und Apothekenversorgung muss für die Zukunft gesichert werden! Es besteht dringender Handlungsbedarf: Stärkung der Hochschullandschaft, bessere Studienbedingungen, mehr Studienplätze im Bereich Pharmazie und Medizin! Es ist Zeit für Veränderungen! Danke!